Diesen Monat wurde Dan O'Callaghan gebeten, einen Blick hinter die Kulissen der Finanzen innerhalb der Pokerwelt zu werfen. Wir werden im Folgenden die Auswirkungen von Poker auf die nationale Wirtschaft und die Glücksspielbranche im Allgemeinen näher beleuchten.
Obwohl er kein Experte auf diesem Gebiet ist, hat er sich dazu entschlossen, die Herausforderung anzunehmen und Ihnen seine Meinung zu präsentieren.
Es geht um Rake
Die Rake-Gebühr ist ein entscheidendes Rädchen in der Pokerwirtschaft. Daher ist es sinnvoll, dieses Konzept genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Begriff mag Ihnen möglicherweise unbekannt sein, wenn Sie entweder noch keine Erfahrungen an den Pokertischen gesammelt oder bisher nur an privaten Spielen ohne Rake teilgenommen haben.
Der Rake stellt eine Gebühr dar, die ein Pokeranbieter von jedem Pot einbehält, als Gegenleistung für die Organisation des Spiels.
- Bei Cash Games zahlt der Gewinner einer Hand diese Gebühr, bevor er den Pot bekommt.
- Bei Poker Turnieren ist der Rake eine festgelegte Gebühr, die die Spieler bei der Anmeldung entrichten (in der Regel 5-10 % des Buy-Ins).
Der allgemeine Unmut über den Rake eint nahezu alle Pokerspieler. Aber so toll die Idee von Spielen ohne Rake auch klingt – die Gebühr ist notwendig. Es ist das, was die Pokerindustrie am Laufen hält.
Für die meisten Online Poker Betreiber stellt der Rake die Haupteinnahmequelle dar. Folglich gäbe es keinen wirklichen Anreiz, den Betrieb ohne Rake fortzuführen – falls das überhaupt finanziell machbar wäre.
Obwohl weniger lukrative Einnahmequellen wie Transaktionsgebühren und Gewinne aus casinoähnlichen Nebenspielen vorhanden sind, kann keines dieser Einkommensmodelle die Bedeutung der Rake-Gebühren erreichen. Es ist daher schwer vorstellbar, dass diese Einnahmequellen verlockend genug wären, um die horrenden Kosten für den Betrieb einer Online-Pokerseite zu decken.
Auch Live Poker Räume hätten es schwer. Sie erwirtschaften Einnahmen durch Essen, Getränke und Spieler, die einen kurzen Abstecher an die Roulette-Tisch machen, während sie durch das Casino schlendern. Allerdings würden diese Einnahmen allein nicht ausreichen, um den Verlust der Rake zu kompensieren.
Nehmen wir zum Beispiel ein einzelnes 1 €/2 €-Live-Spiel. Angenommen, der Rake beträgt 5 % bis zu einem Maximum von 5 € pro Hand. Ein Tisch, an dem 30 Hände pro Stunde ausgeteilt werden, kann in einer zehnstündigen Session bis zu 1.500 € an Rake einbringen. (Der genaue Betrag wird etwas niedriger sein, da einige Hände die Obergrenze nicht erreichen werden).
Der Ausfall dieser Einnahmen würde für einen Pokerraum einen erheblichen Verlust bedeuten.
Der Großteil der Rake fließt in die Gewinne, Ausgaben und Betriebskosten des Casinos. Jedoch leiten die Betreiber einen Teil davon durch Werbeaktionen und Bonusangebote wieder in das Poker-Ökosystem zurück.
Wie funktioniert der Geldfluss beim Poker?
Gus Hansen brachte es einst humorvoll auf den Punkt:
"Ihr oberstes Ziel beim Poker sollte darin bestehen, Ihr Geld so lange wie möglich von Phil Ivey fernzuhalten."
Diese Bemerkung veranschaulicht recht treffend, wie Poker im Wesentlichen funktioniert.
Kurz gesagt, weniger erfahrene Spieler neigen dazu, im Laufe der Zeit ihr Geld an erfahrenere Spieler zu verlieren. Sobald das Geld auf dem Poker-Konto eines Spielers mit einer positiven Winrate landet, wird er es entweder zu seiner Bankroll hinzufügen oder er hebt es ab.
Weniger erfahrene Spieler tätigen neue Einzahlungen und verlieren weiterhin gegen die erfahreneren Spieler, wodurch der Kreislauf aufrechterhalten wird.
Es ist so ähnlich wie eine Nahrungskette.
Welchen Beitrag leistet Poker zur Glücksspielwirtschaft?
Ein offensichtlicher Beitrag von Poker zur Glücksspielwirtschaft besteht darin, dass fortlaufend neue Spieler an den Tischen zu finden sind.
Poker bringt Spieler in die Casinos.
Dieser Zustrom ist eine riesige Cash Cow für Live- und Online-Casinos und sollte nicht unterschätzt werden. Laut einem Artikel von Nick Jones auf pokerindustrypro.com hat Flutter Entertainment (Besitzer des weltweit größten Online-Pokeranbieters) im ersten Halbjahr 2021 zum ersten Mal mehr Geld mit seinem Casino ($305 Mio.) als mit Online Poker ($284 Mio.) verdient.
Professionelle Pokerspieler verfügen über ein tiefes Verständnis für den Erwartungswert ("Expected Value" oder EV).
Man könnte daher annehmen, dass sie anderen Casino-Spielen fernbleiben würden.
Schließlich verbringen Pokerspieler ihr ganzes Leben mit dem Versuch, +EV-Entscheidungen zu treffen. Ihr Geld wäre an den Pokertischen doch viel besser angelegt als bei anderen Casino-Spielen, oder nicht?
Korrekt, nur spielen viele Pokerspieler auch gerne andere Spiele. Vergleichen Sie die folgenden beiden von Wendover durchgeführten Umfragen.
Auf ihrem YouTube-Kanal bieten sie eine hervorragende Aufschlüsselung der Psychologie des Glücksspiels:
Die vorgestellten Konzepte sind jeweils kostendeckend. Der Vergleich der beiden Umfragen zeigt, dass es den Menschen ziemlich gleichgültig war, wenn es um eine Wette mit geringem Risiko und Gewinn ging. Interessanterweise waren die Teilnehmer viel eher bereit, größere Einsätze zu platzieren, wenn die Gewinnchancen höher waren, selbst wenn die Verlustchancen ebenfalls stiegen.
Dies legt nahe, dass die Aussicht auf einen größeren Gewinn attraktiver ist als die Gewissheit eines kleinen Gewinns.
Diese Schlussfolgerung ist genau der Grund, warum das Glücksspiel so beliebt ist – auch unter Pokerspielern.
Welche Rolle spielt Poker in Bezug auf die Gesamtwirtschaft?
Poker schafft zahlreiche Arbeitsplätze. Online Poker Anbieter benötigen eine Vielzahl von Mitarbeiter: angefangen bei den Support-Mitarbeitern bis hin zu diversen Sicherheitsteams. Und die Gehälter, die diese Stellen bieten, werden besteuert und ausgegeben und kurbeln so die Wirtschaft an.
Live-Turnierserien sollten ebenfalls nicht unterschätzt werden. Man muss nur einen Blick auf die WSOP werfen, um einen Eindruck zu bekommen, wie stark die Verlockung einer erfolgreichen Turnierserie sein kann. Die WSOP ist ein gigantisches Ereignis, das jedes Jahr Hunderttausende von Menschen nach Las Vegas lockt.
Laut Pokerfuse.com zählte die Turnierserie im Jahr 2022 182.662 Teilnehmer, was sich auf vielfältige Weise positiv auf die lokale Wirtschaft auswirkt.
Dies ist besonders offensichtlich in Sin City selbst. Obwohl Poker eine große Rolle spielt, hat Las Vegas noch viele andere Dinge zu bieten. Wenn Pokerspieler nicht gerade an den Tischen sitzen, geben sie meist – zusammen mit ihren Familien und Freunden – beträchtliche Geldsummen in Casinos, Restaurants und Nachtclubs aus.
Bei jeder Veranstaltung oder Aktivität benötigen die Menschen wichtige Dienstleistungen wie Essen, Transport und Unterkunft.
Solche Aktivitäten spülen auf allen Ebenen Geld in die Wirtschaft.
Das Großereignis schafft zahlreiche Arbeitsplätze in die Stadt. Neben anderen Turnierserien waren bei der WSOP 2022 beispielsweise 832 Mitarbeiter beschäftigt, von denen viele als Dealer tätig waren.
Viele dieser Stellen sind zeitlich befristet und werden teilweise von Fachkräften aus dem Ausland besetzt. Dennoch generieren sie ein steuerpflichtiges Einkommen für Menschen, die einen Beitrag zur lokalen Gemeinschaft leisten.
Der Zustrom von Menschen schafft außerdem weitere Arbeitsplätze. Die Nachfrage nach Kellnern, Taxifahrern, Masseuren und Zustellern steigt, und das alles kurbelt die Wirtschaft an.
Fazit
Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Poker werden oft aufgrund der negativen Assoziationen, die mit dem Spiel verbunden sind, übersehen.
Kritiker sehen in jeglicher Form von Glücksspiel eine Gefahr für die moralische Integrität und befürchten, dass Spieler die Kontrolle über ihr Geld verlieren und hohe Schulden anhäufen könnten. Steigende Schulden schaden der Wirtschaft, und Sucht kann zudem zu erhöhter Kriminalität führen, was ebenso schädlich ist.
Oberflächlich betrachtet ergibt diese Argumentation Sinn, aber Pokerspieler sind heutzutage besser geschützt als je zuvor. Online-Anbieter überwachen die Einzahlungen und Live-Casinos haben eine Sorgfaltspflicht, um ihre Kunden zu schützen.
Die finanzielle Seite des Spiels ist also sicherer als je zuvor.
Es wäre unrealistisch anzunehmen, dass es nicht vereinzelt Fälle geben könnte, in denen das Verhalten Einzelner die Wirtschaft beeinträchtigt.
Trotzdem kann damit argumentiert werden, dass die Pokerindustrie durch die legitimen Aktivitäten der modernen Pokerunternehmen für die Wirtschaft nützlicher als je zuvor ist.